Wolle, Meer und Rote Erde

Annegret List
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Wolle, Meer und rote Erde
Museen in Australien - ein Erlebnisbericht


Bei den weitläufigen Entfernungen auf dem fünften Kontinent  käme theoretisch auf 7000 Quadratkilometer ein Museum. Die mehr als  1 100  Museen in Australien konzentrieren sich aber wie die Einwohner des Landes in den Hauptstädten und küstennahen Regionen. Ab Herbst 1998 verbrachte ich acht Monate in Australien und Neuseeland. Mit einem besonderen Visum (visiting academic) ausgestattet, hatte ich die Möglichkeit, Universitäten, Museen und museumsähnliche Einrichtungen näher kennenzulernen. Als erstes verbrachte ich einige Wochen als "besuchender Akademiker" im Fachbereich Museum Studies an der Deakin-Universität. Die während dieser Zeit stattfindende Internationale Konferenz der Museen in Melbourne wurde von den dortigen Professoren mitgestaltet. So konnte ich an den ICOM-Veranstaltungen teilnehmen und Museumsfachleute aus aller Welt hören. Die einheimischen Museologie-Studenten hatten eine eintägige Vorkonferenz organisiert und es  boten sich erste Kontaktmöglichkeiten. Das Museologie-Studium wird in Australien in zweijährigem Kurs mit anschließendem Praktikum postgradual angeboten. Manche Studenten arbeiten bereits in der Praxis und kommen blockweise zu den Vorlesungen. Es gibt neben den berufsbegleitenden Studien auch Vollzeitstudienmöglichkeiten, sowie Weiterbildungsseminare im Fach Museologie.

Museumsarbeit am Beispiel des Nationalen Wollmuseums

Australiens Wollindustrie durchlebt schwere Zeiten. Von gefallenen Wollpreisen und schlechten Absatzmöglichkeiten hatte ich bereits auf mehreren Schaffarmen im Westen von Victoria gehört, ehe ich als Praktikantin im Wollmuseum zu arbeiten begann. Das "National Wool Museum" in Geelong ist eine Einrichtung des Staates Victoria mit ca. 15  Mitarbeitern und einer schon vor mehreren Jahren etablierten Dauerausstellung. Der Besucher wird über die Anfänge der Schafhaltung in Australien, die verschiedenen Schafrassen und ihre Besonderheiten, den Wollhandel, die technischen Vorgänge der Wollverarbeitung und den sozialgeschichtlichen Hintergrund der Textilindustrie informiert. Das Museum ist in einem Wollauktionshaus eingerichtet, in welchem auch heute noch einige Male im Jahr Wollhandelsveranstaltungen und Auktionen stattfinden. Sie bilden besondere Höhepunkte im Veranstaltungskalender des Museums. Das Haus war als Zweckbau 1872 von einem Wollhändler in Auftrag gegeben worden und ist deshalb mit großen Atelierfenstern im Obergeschoss ausgestattet, denn die Qualität der Wollfaser kann am besten bei Tageslicht begutachtet werden. Es finden regelmäßig große, sehr repräsentative Sonderausstellungen statt. Dennoch hat man mit denselben Problemen umzugehen wie die mittleren und kleinen Museen in Europa: finanzielle Sorgen, zu kleine Depots, teilweise unbefriedigende konservatorische Bedingungen für die musealen Objekte u.s.w.

In dem historischen Wollspeicher sind außer dem Nationalen Wollmuseum auch die städtische Touristeninformation und ein Restaurant untergebracht. Mit großer Selbstverständlichkeit versucht man in Australien, den kulturellen und kommerziellen Bedürfnissen der Besucher gleichzeitig entgegenzukommen. Die Größe der museum shops ist oft beeindruckend. Ein sehr breites Angebot erwartet die Besucher und wird insbesondere bei Sonderausstellungen thematisch auf das jeweilige Thema "zugeschnitten" - vom Abendkleid bis zur Zahnbürste. Seitdem das Internet als Informations- und Kommunikationsmittel wichtig wurde, präsentieren sich Australische Museen in diesem modernen Medium (Aktuelle Informationen über Museen in Australien stehen im Internet unter: http://www.amol.org.au).Um im Museumsladen sogenannte heritage souvenirs einzukaufen oder einem Museumsverein beizutreten, muß man schon längst nicht mehr persönlich ins Museum gehen.

Das nationale Wollmuseum in Gelong, 60 km westlich von Melbourne

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